Älteres Bibelfenster - Einleitung
Das zweibahnige Bibelfenster in der Dreikönigenkapelle ist als Achsfenster des Chores das ranghöchste und zugleich das älteste Fenster des Domes.
In einer Folge aufeinander abgestimmter Bildpaare führt es dem Betrachter die heilsgeschichtliche Verknüpfung von Altem und Neuem Testament vor Augen. Die Bilder der rechten Bahn sind in ein Rankengeflecht eingebettet und zeigen das neutestamentliche Erlösungsgeschehen von der Geburt Mariens bis zur Himmelfahrt Christi, umrahmt von alttestamentlichen Propheten. Diesen christologischen Szenen stehen in der linken Bahn ausgewählte Ereignisse des Alten Testamentes, sogenannte 'typologische' Bilder, gegenüber.
‘Typós’, griechisch, bedeutet ‘Urbild, Abbild’. Die typologische Bibelauslegung, die schon bei Paulus zu finden ist, setzt die heilsgeschichtliche Einheit beider Testamente voraus. Das Neue Testament wird als Erfüllung dessen gedeutet, was im AltenTesament bereits angekündigt ist. So werden Personen oder Ereignisse des Alten Bundes (‘Typen’, ‘Präfigurationen’) auf Christus und das Erlösungsgeschehen des Neuen Bundes (‘Antitypen’) bezogen und als von Gott gesetzte Zeichen für die kommenden Heilsereignisse gedeutet.
Dr. Ulrike Brinkmann, Kunsthistorikerin
Die Darstellung der Heilsgeschichte in der rechten neutestamentlichen Fensterbahn beginnt mit der Geburt der Gottesmutter Maria. Die hl. Anna, Marias Mutter, ruht auf einem Lager und schaut Dienerinnen zu, die das neugeborene Kind baden. Das Parallelbild der alttestamentlichen Bahn zeigt die Erschaffung Evas. Eva steht vor Gottvater, der segnend seine Hand hebt. Rechts im Bild sieht man den schlafenden Adam, aus dessen Rippe Eva geschaffen wurde. Der Verknüpfung beider Bildszenen liegt der mittelalterliche Gedanke von Maria als neuer Eva zugrunde. Beide Scheiben entstammen nicht dem Mittelalter, sondern sind Neuschöpfungen, die um 1900 bei einer großen Restaurierungs-maßnahme entstanden. Die mittelalterlichen Originale gingen wohl schon im 18. Jahrhundert verloren. Die Themen der neuen Scheiben wurden von dem Domkapitular Alexander Schnütgen angeregt. Sie spiegeln eine im Mittelalter geläufige Ikonographie wider. Auch die Gegenüberstellung Eva - Maria entspricht mittelalterlichem Denken. Die Ausführung der neuen Glasmalereifelder besorgte die Kölner Werkstatt Schneiders
Dr. Ulrike Brinkmann, Kunsthistorikerin