Jüngeres Bibelfenster - Einleitung
Das Jüngere Bibelfenster wurde um 1280 von Albertus Magnus für die Kölner Dominikanerkirche gestiftet.
Das zweibahnige Bibelfenster in der Stephanuskapelle führt dem Betrachter in einer Folge aufeinander abgestimmter Bildpaaren die heilsgeschichtliche Verknüpfung des Alten und des Neuen Testamentes vor Augen. Die Bildmedaillons der rechten neutestamentlichen Bahn zeigen die Heilsgeschichte von der Verkündigung an Maria bis zum Pfingstgeschehen. Die Medaillons sind von einem Rankengeflecht umgeben, in dem Köpfe von Propheten und königlichen Ahnen Christi erscheinen. Den christologischen Szenen stehen in der linken Bahn ausgewählte Ereignisse des Alten Testamentes, sogenannte ‘typologische’ Bilder, gegenüber.
Das jüngere Bibelfenster gehört nicht von alters her in den Dom. Es wurde um 1280 für den neuen Chor der Kölner Dominikanerkirche gestiftet. Die Stifter waren der berühmte mittelalterliche Theologe Albertus Magnus und der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg. 1804 wurde die Dominikanerkirche im Zuge der Säkularisierung abgerissen. Einige ihrer Glasmalereien gelangten 1823 in den Dom, darunter das Bibelfenster. Es wurde aber erst 1892 in der Stephanuskapelle eingesetzt. Nicht alle mittelalterlichen Bildfelder waren erhalten, deshalb wurden damals einige Medaillons in der Kölner Glaswerkstatt Schneiders & Schmolz neu geschaffen.
‘Typós’, griechisch, bedeutet ‘Urbild, Abbild’. Die typologische Bibelauslegung, die schon bei Paulus zu finden ist, setzt die heilsgeschichtliche Einheit beider Testamente voraus. Das Neue Testament wird als Erfüllung dessen gedeutet, was im AltenTesament bereits angekündigt ist. So werden Personen oder Ereignisse des Alten Bundes (‘Typen’, ‘Präfigurationen’) auf Christus und das Erlösungsgeschehen des Neuen Bundes (‘Antitypen’) bezogen und als von Gott gesetzte Zeichen für die kommenden Heilsereignisse gedeutet.
Dr. Ulrike Brinkmann, Kunsthistorikerin
Die Verkündigung der Geburt Christi leitet die neutestamentliche Bilderreihe ein. Maria sitzt auf einem geschmückten Thron und empfängt den Engel in königlicher Würde. Aus dem Himmel fährt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube zu ihr herab.
Das alttestamentliche Gegenbild zeigt den biblischen Held Gideon, dem Gott ein Zeichen gibt: Ein Vlies (Fell), das über Nacht ausgebreitet wird, bleibt von dem Tau, der ringsumher gefallen ist, unbenetzt. Das himmlische Tauwunder wird schon von den Kirchenvätern mit dem Wunder der jungfräulichen Geburt Christi verglichen. Das Medaillon wurde 1892 geschaffen.
Dr. Ulrike Brinkmann, Kunsthistorikerin