Der Alte Dom -Formenvielfalt
Während bei einer Säulenbasilika die maximale Höhe der Säule von ihrem Durchmesser bestimmt wird, konnten rechteckige Pfeiler je nach Größe seines Querschnittes wesentlich variabler in die Höhe gebaut werden.
Bei einem großen Querschnitt wie an den Mittelschiffpfeilern des Alten Domes können die Stützen aus großformatigen Quadern aufgemauert werden und daher deutlich höher gebaut werden als beispielsweise eine im Durchschnitt oftmals nur ca. 60 cm dicke Säule. So erhebt sich über dem kostbaren Schmuckfußboden ein hoher, majestätisch wirkender Raum, dessen hochaufragende Proportion nur an wenigen karolingischen Kirchen ihresgleichen findet.
Das zentrale Kreisornament im Schmuckfußboden markiert den Mittelpunkt der doppelchörigen Kirche. Das Innere der Mittelrosette wird von einem kunstvollen Opus-sectile-Plattenmosaik gebildet, das aus unterschiedlichsten Einzelformen und Marmormaterialien besteht, und deren Plättchen nahezu fugenlos verlegt zu sein scheinen.
So wie die sich an römischen Vorbildern orientierenden Pfeiler steht auch der Mittelkreis des Domfußbodens in antiker Tradition. Gestalterisch knüpft der Mittelkreis an das konstantinische Kaiserzeremoniell an, bei dem die Höhepunkte feierlicher Prozessionen und Kulthandlungen genau an solchen, durch Zierkreise („rotae“) hervorgehobenen Stellen – beispielsweise in Thronsälen – stattfanden. Daher wurden für solche Kreisornamente stets die edelsten Steinmaterialien verwendet.
Die kostbare Ausgestaltung setzt sich vom Fußboden nach oben fort: in der Innengliederung mit der antikisierenden Bauzier, dem goldumkleideten Petrusaltar sowie den – hier nicht abgebildeten – Leuchterkronen, farbigen Bleiglasfenstern und den kassettierten Holzbohlenbalkendecken.
Zu sehen ist hier die Rekonstruktion der älteren Phase des Domfußbodens vor Ankunft der Gebeine der Heiligen Drei Könige im Alten Dom im Jahre 1164.
In der Vogelperspektive erschließt sich der ganze Formenreichtum des Hildebold-Domes, der schon im detailreich und prachtvoll gestalteten, insgesamt rund 2500 Quadratmeter großen Fußboden beginnt.
Die Anordnung und Verteilung der Bodenplatten und Ornamentfelder des Schmuckfußbodens ergibt sich hauptsächlich aus Plattenabdrücken, die teilweise heute noch im Verlegemörtel des Domfußbodens erhalten sind.
Neben größeren Abschnitten aus großformatigen hellen Drachenfels-Trachytplatten weist der Fußboden zahlreiche kleinteilige Ornamentfelder auf, die an steingewordene Orientteppiche erinnern und als aufwendige Plattenmosaike ausgeführt sind. Dabei wird jedes Plättchen mit nach unten abgeschrägten Seiten versehen, um diese möglichst ohne sichtbare Fugen direkt in den frischen Mörtelboden verlegen zu können. Die große Variantenvielfalt der einzelnen Musterflächen wird dabei durch den Materialwechsel der Steinplättchen und der damit verbundenen farblichen Veränderung erreicht, aber auch durch eine variierende Formgebung und Anordnung der Marmorplättchen.
Der innere gemusterte Kreis der Mittelrosette wird von einem größeren Kreis aus radial geschnittenen Trachytplatten umgeben und ist in das umgebende Quadrat mit weißen Marmor-Eckzwickeln eingebettet. In die Mitte der Zwickel sind geschwungene Mosaikornamente (Dreierknoten) eingelassen.
Darunter, im östlichen Teil des Fußbodens, grenzen zwei unterschiedlich gestaltete Ornamentflächen an das zentrale Kreismotiv. Beide werden von einem einheitlich gemusterten Randstreifen begleitet und zusammengefasst. Das westliche bzw. obere der beiden Felder ist reicher gegliedert und birgt das Grab des 976 verstorbenen Kölner Erzbischofs Gero (amt. 969–976).
Oberhalb der zentralen Rosette schließt sich – nach Westen – ein dem Gero-Grabfeld wohl vergleichbar gestaltetes Plattenmosaik an. Am westlichen Ende des Mittelschiffs befinden sich zwei symmetrisch angelegte teppichartige Ornamentfelder. Noch weiter westlich, vor der Fassade der Westkrypta, liegen die prächtigsten aller im Langhaus vorgefundenen Plattenmosaiken. Diese zeichnen den Bereich vor dem Sanktuarium mit dem dort aufgestellten Goldaltar des Apostelfürsten mit aufwendigen und kleinteiligen Mustern aus.
Die Rekonstruktionen der Fußbodenmuster wurden mit dem Befund sowie den Grabungsdokumentationen größtmöglich abgeglichen. Die zeichnerisch erfassten marmornen Mosaiksteine des Dreierknotens in den Zwickelflächen des Mittelkreises wurden originalgetreu in die Rekonstruktion übernommen. Dabei wurden sämtliche Farben und Steinpositionen berücksichtigt. Die in der Grabungszeichnung abgebildeten Mosaiksteine sind in der Rekonstruktion gelb umrissen.