Der Dom und ›die Juden‹-Chorschrankenmalereien
Die Chorschranken sind an ihrer Innenseite mit kostbaren Malereien geschmückt, die das Leben von Heiligen mit besonderer Verbindung zum Kölner Dom illustrieren.
Die Legende des heiligen Papstes Silvester, von dessen Schädel sich im Domschatz einst Reliquien befanden, erstreckt sich über gleich zwei Schranken der Nordseite und ist mit Szenen aus dem Leben des ersten christlichen Kaisers Konstantin verwoben.
Durch Papst Silvester von schwerem Aussatz geheilt, konvertiert der Kaiser zum Christentum, während seine Mutter Helena weiterhin das Judentum als einzig wahre Religion betrachtet. In einer Disputation vermag Silvester die von Helena herbeigerufenen Schriftgelehrten mit seiner Argumentation zu überzeugen. Allein der jüdische Gelehrte Zambri fordert Taten statt Worte und tötet vor aller Augen einen Stier, indem er ihm den Namen des Teufels einflüstert. Erst als Silvester das Tier im Namen Christi zum Leben erweckt, lassen sich Helena und die Juden von ihm taufen. Um als bekehrte Anhänger des Judentums erkennbar zu bleiben, tragen die im Taufbecken dicht gedrängten Täuflinge allesamt den kegelförmigen Judenhut.
Die Bilder der Chorschranken sind aber nicht nur Schilderung legendärer Begebenheiten, sie thematisieren zugleich die zeitgenössischen Debatten um den christlich-jüdischen Religionsstreit und die Frage der Zwangstaufe von Juden. Entsprechende Disputationen fanden jedoch selten real, sondern eher in Büchern statt. Hier stand ihr Ergebnis schon darum von vornherein fest, weil sie von christlichen Theologen am Schreibtisch erdacht worden waren. Gleichwohl sollte eine Taufe der Juden nach Ansicht der meisten Theologen nicht aus Angst oder Zwang erfolgen, sondern kraft theologischer Beweisführung durch die Vertreter der Amtskirche und somit auch aus eigener Erkenntnis. Befürworter einer Zwangstaufe blieben in der Minderheit. Allen gemeinsam aber war die Vorstellung, Juden durch die Taufe vor ewiger Verdammnis zu bewahren.
Klaus Hardering