Der Dom und ›die Juden‹-Petrus-Wurzel-Jesse-Fenster

Das Petrus-Wurzel-Jesse-Fenster im nördlichen Seitenschiff wurde 1509 von Erzbischof Philipp von Daun (1508–1515) gestiftet.

Der obere Bereich auf der rechten Seite zeigt die Wurzel Jesse. Zu sehen ist der schlafende Jesse (d.h. Isai), der Vater König Davids (1 Sam 16,19). Aus ihm wächst ein Weinstock mit Blüten und Trauben empor. Letztere sollen auf das Priestertum Christi und auf seine Passion hinweisen. Aus den Blüten entwachsen die Oberkörper von zwölf Königen. Sie stehen für die königliche Abstammung Jesu aus dem Hause Davids. Ihre Zahl erinnert nicht zufällig an die der Apostel. Eindeutig erkennbar ist nur König David, der eine Harfe in seinen Händen hält. Die Wurzel Jesse findet ihren Abschluss in der Darstellung der Gottesmutter mit dem Christuskind. Ihnen wenden sich die Könige ehrfurchtsvoll zu.

Das im Mittelalter weit verbreitete und beliebte Bild der Wurzel Jesse geht zum einen auf den im Matthäusevangelium (Mt 1,1–17) aufgeführten Stammbaum Jesu, zum anderen auf eine Prophezeiung Jesaias (Jes 11,1) zurück: »Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht«. Nach christlicher Deutung hat diese Prophezeiung, wie das Bild deutlich zum Ausdruck bringt, in der Menschwerdung Jesu ihre Erfüllung gefunden. Die Darstellung kann demnach im Sinne der sogenannten Beerbungstheorie gelesen werden, nach der das Christentum als Neuer Bund den Alten Bund Gottes mit Israel abgelöst habe. Diese gegen das nachbiblische Judentum gerichtete Theorie gilt inzwischen als überwunden.

Auf der anderen Seite betont die Darstellung aber auch die jüdische Herkunft Jesu und führt anschaulich den Ursprung des Christentums aus dem Judentum vor Augen.
Matthias Deml

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